Stellungnahme des BUND zum Eckpunktepapier für ein Gesamtkonzept Elbe des Bundes und der Länder

Stellungnahme des BUND zum Eckpunktepapier für ein Gesamtkonzept Elbe des Bundes und der Länder

01.03.2013 | BUND

Die Umweltverbände begrüßen grundsätzlich die Initiative zur Auflösung der seit 20 Jahren
währenden Konflikte um die Nutzung der Elbe. Die Elbe mit ihren wertvollen Lebensräumen ist als Flussökosystem in Deutschland einzigartig. Von daher muss es nach unserem Verständnis prioritäres Ziel sein, die relevanten EU-Richtlinien (WRRL, FFH-RL, VSRL) sowie die nationale Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung hier in hoher Qualität umzusetzen. Gelingt dies nicht, droht die Gefahr einer nicht wieder rückgängig machbaren Schädigung der Elbauen durch die Sohlerosion.

Realitäten anerkennen – die Sohlerosion gefährdet den Naturraum der Elbe und ihrer Auen massiv

Seit Jahrzehnten ist das Problem der Sohlerosion an der Elbe bekannt. In einem Zeitraum von 120 Jahren hat sich die Sohle der Elbe abschnittsweise um bis zu 2 m eingetieft. Damit einher geht das Absinken des Grund- und Oberflächenwasserspiegels in der Flussaue. Die an feuchte Standorte angepassten Auenbiotope und die an sie gebundenen Pflanzen- und Tierarten werden massiv geschädigt und verschwinden. Dadurch wird z. B. der Schutzstatus der vielen Natura 2000-Gebiete entlang des Flusses gefährdet. Neben den direkten ökologischen Schäden kommt es dabei auch zu Ertragseinbußen in der Land- und Forstwirtschaft und zu Schäden an der Infrastruktur. Hafenbecken müssen ausgebaggert werden, Brückenfundamente und Spundwände werden unterspült, Düker müssen tiefer gelegt werden etc.

Die Maßnahmen zur Verbesserung der Schifffahrtsbedingungen, wie die Regulierung des Flussschlauchs durch Buhnen, die Befestigung der Ufer mit Steinschüttungen zur Verhinderung seitlicher Erosion und der Bau von Leitwerken haben zur schädlichen Tiefenerosion beigetragen und forcieren sie weiterhin in einem sich selbst beschleunigenden Prozess.

Neben den Begradigungs- und Regulierungsmaßnahmen beeinflussen auch die vielen
Staustufen am Oberlauf in Tschechien und an den Nebenflüssen (Saale) die Morphologie des Flusses negativ, da sie den natürlichen Transport von Sand und Geröll unterbrechen, damit ein Geschiebedefizit verursachen und so die Eintiefung ebenfalls beschleunigen.

Obwohl diese Fakten allgemein bekannt waren, wurden nach der Wende die alten Buhnen
wieder instand gesetzt und teils sogar verlängert sowie weitere Deckwerke angelegt und damit die Tiefenerosion zusätzlich beschleunigt – ohne die anvisierte Fahrrinnentiefe von 1,60 m zu erreichen und ohne eine Verkehrsverlagerung auf das Binnenschiff zu bewirken.

Angesichts der fortlaufenden Tiefenerosion in den betroffenen Flussabschnitten begrüßen wir, dass durch die Erstellung des Gesamtkonzeptes laufende Maßnahmen zur Sohlstabilisierung und des Hochwasserschutzes nicht verzögert werden sollen. Allerdings halten wir es ebenso für notwendig, dass weitere Maßnahmen zur Sohlstabilisierung zügig vorangetrieben werden, während Maßnahmen zur weiteren Einengung und Vertiefung des Flussbettes im Zuge von Unterhaltungsmaßnahmen unterbleiben müssen.

Grenzen der verkehrlichen Nutzung

Als Verkehrsweg ist die Elbe als natürlicher Niedrigwasserfluss auf Grund ihrer im Jahresverlauf stark schwankenden Wasserstände nur sehr eingeschränkt nutzbar. Durch den nachweislichen Rückgang der Wasserabflussmengen seit 1990 (10% weniger Wasser bei Niedrigwasser) haben sich die Schifffahrtsbedingungen in den letzten zwei Jahrzehnten ungeachtet der forcierten Unterhaltung weiter verschlechtert. So sind trotz der ca. 40 Mio. Euro, die jedes Jahr für die Wasserstraße Elbe ausgegeben werden, die Transporte in den letzten 14 Jahren um die Hälfte geschrumpft.

Die Ursachen sind neben dem Strukturwandel der Wirtschaft in den Elbeanliegerländern vor allem die Nichtplanbarkeit der Transportbedingungen auf dem Wasser infolge der stark schwankenden Wasserstände. Hinzu kommt die Konkurrenz von Lkw und Güterbahn, die
wesentlich verlässlicher sind als das Elbegüterschiff.

Aufgrund der relativ geringen Bedeutung der Elbe als Transportweg sehen wir eine Fortschreibung des bisherigen Unterhaltungskonzeptes für die Elbe als nicht sinnvoll an. Deshalb sollte bei der Erarbeitung eines Elbe-Gesamtkonzeptes diskutiert werden, welche Nutzbarkeit für Transporte per Binnenschiff tatsächlich gegeben und ob es auch angesichts knapper Finanzmittel nicht geboten ist, prioritär die Optimierung des ganzjährig befahrbaren Elbe- Seiten-Kanals voranzutreiben (logistisches Gesamtkonzept für den Elbekorridor).

Dialogprozess optimieren – Belastbare Grundlagen schaffen

Die Festlegung von Unterhaltungszielen suggeriert, dass es durch geeignete technische
Maßnahmen möglich wäre, ganzjährige stabile Mindest-Fahrrinnentiefen herzustellen.

Dies ist aber auf Grund der hydrologischen Bedingungen nicht möglich. Von daher erwarten wir für einen weiteren fruchtbaren Dialogprozess, dass die belastbaren
Zahlen, insbesondere die seit Monaten angekündigten Informationen zum tatsächlichen
Abflussgeschehen und den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die bisherigen
Unterhaltungsziele für die Niedrigwasserregulierung, vorgestellt werden.

Damit einhergehend sind von der Politik klare und verbindliche Bekenntnisse hinsichtlich der Zielsetzungen an der Elbe sowie ein konkreter Zeit- und Arbeitsplan für die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes erforderlich, um einen zielorientierten Prozess anzustoßen und auch inhaltlich voran zu bringen. Über die Umweltverbände hinaus sind darin mit geeigneten Verfahren auch die Bürgerinnen und Bürger entlang der Elbe in den Diskussionsprozess einzubinden und eine hohe Transparenz sicherzustellen.
Berlin, 01. März 2013

Olaf Bandt
Bundesgeschäftsführer Politik und Kommunikation

Kontakt und weitere Informationen:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Bundesgeschäftsstelle
Winfried Lücking, Leiter Gewässerpolitik
Am Köllnischen Park, 10179 Berlin
Tel. 030 27586 465
winfried.luecking@bund.net

Kommentare sind geschlossen.