Bricht Ministerpräsident Stanislaw Tillich den Koalitionsvertrag mit der SPD?
BUND Elbeprojekt Pressemitteilung Dresden/Dessau, 12. Juni 2015
BUND fordert Klarstellung
Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka sagte heute in der Sächsischen Zeitung, dass auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich den Ausbau der Elbe wolle. Sollte diese Aussage korrekt sein, würde Tillich damit dem Koalitionsvertrag mit der SPD und früheren Stellungnahmen der Staatsregierung widersprechen. In der Vergangenheit hatte sich der Freistaat Sachsen nicht nur gegen eine Elbvertiefung sondern auch gegen den Bau einer Staustufe bei Decín ausgesprochen.
„Vor dem Hintergrund des aktuellen extremen Niedrigwassers wäre diese Kehrtwende des Ministerpräsidenten unverständlich“, erklärt Iris Brunar vom BUND Elbeprojekt. „Es wird gerade wieder deutlich, dass eine ganzjährige Schiffbarkeit auf der freifließenden Elbe nicht möglich ist – es sei denn, der Fluss wird mit Hilfe von Staustufen kanalartig ausgebaut, so wie es Tschechien vormacht. Dazu müssten allerdings in Deutschland 20 – 30 Staustufen gebaut werden!“
In den letzten Jahren war die Elbe im Schnitt an vier Monaten im Jahr flacher als das angestrebte Minimalziel einer Fahrtiefe von 1,60 Meter. Gleichzeitig ist auch der Frachtverkehr im Jahr 2014 auf ein neues Minimum von 0,4 Mio. Tonnen zurückgegangen (gemäß Daten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung). Bedingt durch den Klimawandel werden zukünftig Hoch- und Niedrigwasserperioden immer deutlicher spürbar werden.
Im aktuellen sächsischen Koalitionsvertrag steht, dass der Ausbau der Elbe einer umweltverträglichen Nutzung im Einklang mit dem Naturhaushalt entgegenstehe und dass dies ebenso abzulehnen sei wie eine weitere Vertiefung oder der Bau neuer Staustufen. Mithin sei hinzunehmen, dass eine ganzjährige Schiffbarkeit nicht zu gewährleisten sei.
Der BUND hat deshalb gestern Ministerpräsident Tillich in einem Brief aufgefordert, die im Koalitionsvertrag vereinbarte Position und die technisch-hydrologische Unmöglichkeit der Elbvertiefung den tschechischen Regierungsvertretern zu vermitteln und deutlich zu machen, dass Deutschland keine Steuermilliarden für extrem teure Infrastrukturprojekte mit verheerenden ökologischen Auswirkungen verschwenden würde.
Für Tschechien ist nicht nur die Schiffbarkeit der Elbe in Sachsen sondern zumindest bis nach Magdeburg relevant. Laut Aussage des Bundesverkehrsministeriums gibt es aber allein auf diesen gut 330 Flusskilometern über 80 „Schwachstellen“. Mit Blick auf eine durchgehende Schiffbarkeit ist immer die gesamte Elbestrecke zu betrachten – und das in beide Richtungen. Wellenförmig ausgeprägte, höhere Wasserstände, die naturgemäß stromab verlaufen, nutzen der Schifffahrt stromaufwärts wenig.
Der BUND erwartet von der Staatsregierung – insbesondere Ministerpräsident Tillich und Wirtschaftsminister Martin Dulig – zu ihrem Koalitionsvertrag zu stehen und nicht grundlos vertragsbrüchig zu werden.
Rückfragen an das BUND Elbeprojekt: Iris Brunar, Tel.: 0340-850 7978, mobil: 0178-163 0204 Dr. Ernst Paul Dörfler, mobil: 0178 16 17 800