Rekord-Pegel an Elbe und Saale: Die Bürgerinitiative PRO ELBE fordert neue Prioritäten für die Flüsse

Rekord-Pegel an Elbe und Saale: Die Bürgerinitiative PRO ELBE fordert neue Prioritäten für die Flüsse

Magdeburg/Dessau, 11. Juni 2013

Dessau hat bei dem zweiten Jahrhunderthochwasser in nur 11 Jahren Glück gehabt – Halle, Magdeburg und andere Kommunen hingegen weniger. Es gleicht Russischem Roulette, wer in den Fluten versinkt und ruiniert wird. Die Bürgerinitiative PRO ELBE fordert neue Prioritäten an der Elbe und Saale, um die Bevölkerung zu schützen.

„Die Flüsse brauchen wieder mehr Raum. Das hatten doch Politik und Öffentlichkeit nach der Jahrhundertflut im Jahr 2002 allen Anschein nach verstanden,“ so die Sprecherinnen der Initiative Dr. Angela Stephan und Iris Brunar. Doch viel sei nach 2002 nicht passiert. „Die großen Deichrückverlegungsprojekte an der Elbe mit insgesamt 1200 Hektar – bei Roßlau, Lödderitz und Lenzen – waren alle schon vor dem Jahr 2002 beschlossen. Jetzt sind nur noch wenige kleine Projekte in Planung.“

Über 80 Prozent der ehemaligen Auen, also der natürlichen Überschwemmungsflächen, wurde Flüssen wie Elbe und Saale weggenommen. Zudem wird die Landschaft immer noch täglich mit Straßenbau und Gewerbegebieten versiegelt. Es gibt immer weniger Versickerungsflächen. Das Wasser muss jedoch irgendwo hin. Der Schwerpunkt wurde von der Politik auf den Deichbau gelegt. In den Jahren 2002 bis 2009 wurden in Sachsen-Anhalt ca. 400 Millionen Euro für den technischen Hochwasserschutz ausgegeben. Für den vorsorgenden Hochwasserschutz hingegen wie beispielsweise Deichrückverlegung wurden im gleichen Zeitraum nur ca. 10 Millionen Euro ausgegeben.

„Für jeden Euro, der in den technischen Hochwasserschutz investiert wurde, wurde nur 2,5 Cent für Deichrückverlegungen ausgegeben. Deiche sind ein wichtiger Bestandteil des Hochwasserschutzes. Doch ist es keine Lösung sie immer höher zu bauen, ohne wieder Überschwemmungsflächen dem Fluss zurückzugeben. Das konnten wir bei diesem Extremhochwasser erleben. Ausbaden müssen es die Unterlieger,“ so Stephan und Brunar. „Der gute und richtige Vorsatz, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben, muss endlich umgesetzt werden.“ Über den Umwelt- und Naturschutz zu herzuziehen, gehe vollkommen an der Realität vorbei. Damit wollten die Verantwortlichen nur von eigenem Versagen ablenken (siehe dazu auch Hintergrund). Die zwei großen Deichrückverlegungsprojekte an der Elbe wurden von Umweltverbänden angeschoben und umgesetzt.

„Die Diskussion im Anschluss an das Hochwasser muss sich mit der Prioritätensetzung an den Flüssen befassen“, mahnt die Bürgerinitiative. „Welche Planungen sind sinnvoll für die Gesellschaft? Soll das Land Sachsen-Anhalt weiterhin verbissen für einen Saale-Elbe-Kanal kämpfen, für den kein Bedarf besteht, während Städte und Dörfer in den Wassermaßen versinken? Es ist aussichtslos, für viel Geld an der Elbe eine ganzjährig befahrbare Wasserstraße herbei bauen zu wollen. Die Kräfte sollen besser eingesetzt werden, neue Überschwemmungsflächen zu schaffen.“

Bürgerbeteiligung sei dabei ein wichtiges Instrument, um Fehler bei Bauprojekten zu vermeiden. Zeitverzögerungen kämen nicht zustande, wenn die Öffentlichkeit beteiligt werde, sondern wenn sie nicht beteiligt werde. Dann müssten falsche Planungen teuer korrigiert werden. Die Bürgerinitiative PRO ELBE fordert Bürgerinnen und Bürger auf, sich nicht von der Politik entmündigen zu lassen.

Rückfragen:
Iris Brunar, Dessau: 0178 163 0204 | Dr. Angela Stephan, Magdeburg: 0173 87 132 90


Hintergrund:

Ministerpräsident Reiner Haseloff hat in einem Interview mit der ARD und in der MZ vom 4. Juni behauptet, dass auf Grund einer Libellenart (Grüne Flussjungfer oder Grüne Keiljungfer) sich der Bau eines Schöpfwerks in Dessau-Roßlau verzögert hat.

Das Problem, dass bei extremen Hochwassern der kleine Fluss Rossel aufgrund der hohen Wasserstände der Elbe nicht abfließen kann, ist spätestens seit dem letzten Jahrhunderthochwasser vor 11 Jahren (2002) bekannt. Damals stand das Wasser in der Stadt Roßlau. Doch erst im Dezember 2008 lagen die Pläne für das Schöpfwerk griffbereit beim LHW. Trotzdem verzögerte sich der Bau weiterhin – u.a. weil die notwendigen Mittel nicht zur Verfügung gestellt wurden. So wurde erst Anfang 2012 ausgeschrieben. Am 13. September 2012 war Baubeginn, bis zum April 2014 soll das Schöpfwerk fertig gestellt werden.

Wenn den zuständigen Behörden die Kapazitäten fehlen, ihre Aufgaben zügig zu erfüllen, oder das Geld nicht zur Verfügung gestellt wird, ist es unredlich den Naturschutz oder eine Libellenart für den Zeitverzug verantwortlich zu machen. Dieser Versuch von Haseloff und anderen Politikern anderen die Verantwortung für die Verzögerung in die Schuhe zu schieben, soll nur von den eigentlichen Fehlern und Versäumnissen ablenken. Hochwasserschutz und damit der Schutz der Bevölkerung ist zu ernst, um auf diesem Niveau behandelt zu werden.


Iris Brunar | Kirschweg 15, 06846 Dessau-Roßlau | Telefon 0340 850 7978 | Mobil: 0178 163 0204 | www.elbeinsel.de

Kommentare sind geschlossen.