Saalekanal – Chronik einer 20-jährigen Auseinandersetzung

Saalekanal – Chronik einer 20-jährigen Auseinandersetzung

Stand: 13. Dezember 2012

1992 Zur Vollendung des Saaleausbaus wird die „kriegsbedingt nicht zur Ausführung gekommene Staustufe“ bei Klein-Rosenburg in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen.

Geplante Kosten: 220 Millionen DM.
Nutzen-Kosten-Verhältnis 2,7
Transportprognose: 5,3 Millionen Tonnen pro Jahr

Protest der Umweltverbände gegen den geplanten Staustufenbau und die Kanalisierung der letzten 20 Km freifließender Saale mit fünf Flussbegradigungen. Die zuständigen Behörden schätzten das Projekt als umweltverträglich ein.

1993 Das BUND-Elbeprojekt wird aus der Taufe gehoben.
Erstes Elbe-Saale-Camp bei Barby – organisierter Widerstand gegen den Ausbau von Elbe und Saale
Landesumweltminister Wolfgang Rauls: „Wer die Saale staut, will die Elbe stauen“
1995 Die neue Landesumweltministerin Heidrun Heidecke verlangt ein Raumordnungsverfahren für Saaleausbau sowie Alternativenprüfung.
Der BUND fordert den Verzicht des Saale-Ausbaus, da die Kosten und zu erwartenden Schäden in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen.
1996 Ein Gutachten des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung stellte fest, dass aus rein wirtschaftlichen Gründen der Ausbau der Saale abzulehnen sei. Insbesondere seien die Verkehrsmengenprognosen unrealistisch. Es werden nur noch 0,07 Mio. T/a auf der Saale transportiert, zehn Jahre zuvor war es noch die dreifache Menge.
1997 Bundesamt für Naturschutz und Umwelt Bundesamt: Ein Saale-Ausbau mit einer Staustufe bei Klein Rosenburg ist nach heutigen, wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht mehr verantwortbar. 220 Hektar Auenwald im Elbe-Saale-Winkel wären durch Staunässe hochgradig gefährdet. Schwerwiegende Nachteile würden sich auch für das Europäische Vogelschutzgebiet ergeben. Die Wasser- und Schifffahrtsdirektion (WSD) Ost ignoriert zunächst diese Einwände.

Durch die massive Kritik an den Staustufenplänen erfindet das Wasserstraßen-Neubauamt die sog. “Öko-Staustufe“. Durch 50 „Entwässerungsbrunnen“ und weitere 50 „Schluckbrunnen“ sollen nach dem Staustufenbau die natürlichen Wasserstandschwankungen künstlich mit Pumpenbetrieb nachgeahmt werden.

1998 DB-AG bestätigt freie Kapazitäten auf der Schiene parallel zur Saale in Höhe von 10 Güterzügen pro Tag (entspricht Ladung von 10 Güterschiffen pro Tag), Auf der Saale fährt noch ein Güterschiff pro Woche
1999 In diesem Jahr sollte das Raumordnungsverfahren zum Saale-Ausbau eingeleitet werden. Aufgrund der festgestellten erheblichen Mängel an der Umweltverträglichkeitsstudie sowie der anhaltenden öffentlichen Diskussionen um die Vertretbarkeit des Saale-Ausbaus wurde die Eröffnung des Raumordnungsverfahrens ausgesetzt.
2000 Der Saaleverein prognostiziert 3 000 neue Arbeitsplätze für den Hafen Halle, wenn der Saaleausbau kommt
2002 Neue Landesregierung Sachsen-Anhalts will den Saale – Staustufenbau zügig realisieren – auf der Saale fährt nur noch ein Schiff pro Monat
2002 Nach dem Jahrhunderthochwasser wird im September ein Baustopp an Elbe und Saale ausgerufen. Die Saalestaustufe wird gestrichen, einen Elbausbau soll es nicht geben.
2003 Auf Vorschlag der Landesregierung Sachsen-Anhalts gelangt mit fachlicher Unterstützung der WSD Ost der Elbe-Saale-Kanal in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2003. Zeitplan sah Realisierung bis 2013 vor. In einer Fußnote wurde einschränkend hinzugefügt, dass der Ausbau von dem Ergebnis der laufenden Untersuchungen (Anm.: zur Wirtschaftlichkeit) abhängig ist und an die mittlere Abladetiefe der freifließenden Elbe angepasst werden soll.
2004 Das neue Planco-Gutachten, das die Wirtschaftlichkeit des Kanalprojektes belegen sollte, ging noch von dem inzwischen gestoppten Ausbau der Elbe aus und musste korrigiert werden. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis ging dadurch von 2,7 auf 2,3 zurück; Transportprognose: 1,5 Mio. T/a
  Das Umweltforschungszentrum UFZ Leipzig-Halle kritisiert die Intransparenz der Verkehrswegeplanung des Bundes beispielhaft am Elbe-Saale-Kanal
  Der Spiegel titelt „Stolpes Geisterkanal“
  Die Binnenschiffer schreiben an den Bundesverkehrsminister, dass der Bau des Kanals die Schifffahrt auf der Saale nicht nennenswert beleben würde, wenn nicht auch die Elbe ausgebaut werde.
2004 Beginn des Raumordnungsverfahrens mit der Antragskonferenz in Halle
2005     2. Antragskonferenz zum Saaleausbau am im WSA Magdeburg

Auf Grund der Tatsache, dass das Naturschutzgroßprojekt „Mittlere Elbe“ bei der ersten Antragskonferenz am 2004 in Halle vom Vorhabensträger WSD Ost vergessen wurde, musste eine 2. Antragskonferenz beim WSA anberaumt werden.

2006 Elbe-Saale-Kanal steht im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler wegen der absehbaren Steuergeldverschwendung.

Landesregierung Sachsen-Anhalt sieht den Bau des Elbe-Saale-Kanals als „Brücke zum Weltmarkt“

2007 Bundesumweltminister Sigmar Gabriel in Lenzen sieht einen Absprachebedarf mit Tiefensee
2008 20 Verbände und Initiativen rufen gegen den Bau des Elbe-Saale-Kanals – 8 000 Unterschriften
2008 Raumordnungsverfahren: Kritische bzw. ablehnende Stellungnahmen zum Kanalprojekt von der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig, dem Umweltbundesamt, dem Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung Berlin, dem Bundesamt für Naturschutz, dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, dem Landkreis Schönebeck, dem BUND und NABU.

Prof. Ulrich Zabel von der MLU Halle kommt auch ein Nutzen-Kostenverhältnis NKV = 0,69. Fazit. „Das Nutzen-Kosten-Verhältnis verbietet also aus ökonomischer Sicht diese Investition in den Saaleausbau.“

Alle Argumente werden von den zuständigen Behörden ignoriert.
Das Landesverwaltungsamt Halle bestätigt die Realisierbarkeit des Kanalprojektes..

2010 Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat sich mit einem Beschluss vom 19.02.2010 zur umweltverträglichen und wirtschaftlichen Nutzung von Elbe und Saale als
Bundeswasserstraßen bekannt und die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens zum Bau des Kanals gefordert. Veranschlagte Kosten des Bauprojektes steigen laut Wasserstraßenneubauamt auf „100 – 150 Mio. Euro“.
2011 Der für den 1. Februar 2011 anberaumte Scopingtermin, der das Planfeststellungsverfahren einleiten sollte, wird kurzfristig abgesagt.
  Seit 5 Jahren kein Schiff mehr im neuen Hafen Halle angekommen (Investitionssumme 31 Millionen Euro). Der Güterverkehr zwischen Elbe und Saale ist vollständig zusammengebrochen.

Die Saale wird durch das BMVBS in die 7. Kategorie als „Restwasserstraße“ eingestuft. Saaleverein und Landesregierung protestieren, BUND begrüßt Realitätssinn. FOCUS: „Elbe-Saale-Kanal Schildbürgerstreich um das Millionengrab“

Mitteldeutsche Zeitung über den Hafen Halle: „Endlich wird ein Schiff ankommen“

ZDF-Länderspiegel: „Wasserstraße ohne Verkehr“; FAZ: „Ein Schlag ins Wasser“

2012 Neue Wirtschaftlichkeitsprüfung durch Planco ergibt Nutzen-Kosten-Verhältnis NKV von 0,24. Landesregierung Sachsen-Anhalts gibt Gegengutachten in Auftrag: NKV: 2,0

Bundesverband der Deutsche Binnenschifffahrt plädiert in Bezug auf den Kanal-Neubau: Ausbau und Erhalt gehen vor Neubau

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